Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

Friedrich Siegmund-Schultze Förderpreis

Auszeichnung für das Dorf der Freundschaft.

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer verleiht den Friedrich Siegmund-Schultze Förderpreis für gewaltfreies Handeln 2008 an das Dorf der Freundschaft und an das Military Counseling Network (MCN), eine Initiative zur Beratung von US-Soldaten, in der auch George Mizo während des ersten Golfkrieges mitgearbeitet hat.


Verleihung des Friedrich Siegmund-Schultze Förderpreises. Von links:Michael Sharp (MCN), Rosi  Höhn-Mizo, Walter Herrenbrück (EAK)
v.l.: Michael Sharp (MCN), Rosi Höhn-Mizo, Walter Herrenbrück, Landessuperintendent i.R., Bundesvorsitzender der EAK
Foto: Werner Schulz (zivil)
Die Preisverleihung fand am 24.09.2008 in Hoechst / Odenwald statt.

Aus der Pressemitteilung der EAK:

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer (EAK) verleiht 2008 zum siebten Mal den Friedrich Siegmund-Schultze Förderpreis für gewaltfreies Handeln. Der Preis erinnert an das friedens- und sozialethische Wirken des evangelischen Theologen und Ökumenikers Friedrich Siegmund-Schultze (1885-1969).

Der Preis will – lt. Stiftungsbegründung – “gute Taten in Sachen Friedensstiftung aufspüren und Aufmerksamkeit auf Initiativen oder Personen lenken, die Widerstand gegen Gewalt praktizieren und zum Friedenshandeln ermutigen.” Als Christen und als Teil der Gesamtkirche wollen die Stifter “Beispiele für vorbildliches, überzeugendes Bemühen um konsequent friedliche Streitbeilegung und gewaltfreies Handeln auszeichnen”. Mit der Preisvergabe sollen zugleich Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie eine “Kultur aktiver und lebensfreundlicher Gewaltfreiheit” (Ökumenische Weltversammlung in Seoul 1990) aufgebaut werden kann.

Was die Preisverleihung auszeichnen will - Was die Preisträger tun:
“gute Taten in Sachen Friedensstiftung aufspüren...”

z.B.: Wer kennt das >Dorf der Freundschaft< nahe Hanoi/Vietnam?

“Wenn du überlebst, dann musst du für den Frieden leben” – das sagte sich der US-Soldat George Mizo, als er im Januar 1968 während einer der schlimmsten Schlachten des Vietnamkrieges schwer verwundet wurde. Als Christ und Amerikaner hatte er sich freiwillig nach Vietnam gemeldet, weil er helfen wollte, “den armen und einfachen Bauern Südvietnams gegen die kommunistische Aggression beizustehen.” Durch seine Kriegsteilnahme wurde ihm klar, dass er dabei mithalf, genau das zu zerstören, was er eigentlich hatte schützen wollen. Er begriff, dass der Krieg höllischer Irrsinn ist, den ausschließlich Menschen - nicht Gott - zu verantworten haben. In dieser Situation fasste Mizo seinen Entschluss: “Wenn Du überlebst, dann musst Du den Rest Deines Lebens den Mund aufmachen gegen den Krieg und für den Frieden leben.” (wub/zivil 2/1994, S.25) Zwei Tage nach seiner Verwundung wurden alle 450 Mann seiner Einheit bei einem Angriff getötet.

Aus dem Militärhospital entlassen, brachte sein “ein für allemal gefasster Entschluss” den mehrfach ausgezeichneten Vietnam-Veteranen ins Militärgefängnis: Wegen “fortgesetzter Befehlsverweigerung” saß er dort zweieinhalb Jahre, bis seinem Antrag auf Entlassung aus der Armee stattgegeben wurde. Kontakte zu den “International Veterans for Peace” und zur us-amerikanischen Friedensbewegung brachten George Mizo nach Deutschland. Von hier aus setzten er und seine Frau mit Unterstützung aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada und den USA und – nicht zuletzt – gemeinsam mit Vietnam seine Idee in die Tat um: In der Nähe der Hauptstadt Hanoi ein “Dorf der Freundschaft” aufzubauen. Es bietet Opfern des Vietnamkriegs eine neue Heimat und praktiziert damit tatkräftig Solidarität für Waisen, behinderte und alte Menschen.

Das Dorf der Freundschaft besteht seit 1998. Am 18. März 2008 wurde das 10jährige Bestehen gefeiert – am Todestag George Mizos, der 2002 verstarb. Heute leben dort 160 Menschen, davon 120 Kinder und Jugendliche. Sie werden in dem Dorf nicht nur behandelt, betreut und therapiert, sondern können auch eine Ausbildung erhalten. Die übrigen Dorfbewohner sind Überlebende des Vietnamkrieges, die an dessen Spätfolgen leiden.

Während inzwischen Gerichte in den USA den GIs, die Opfer der Giftgaskampfstoffe der eigenen Armee wurden, eine Entschädigung zugesprochen haben, wird diese den vietnamesischen Opfern bis heute vorenthalten. Daran bleibt zu erinnern. Dem Motto seines Initiators Mizo folgend, der an die selbst erfahrene Unterscheidungs- und Gestaltungskraft Einzelner appellierte ( “You can make a difference”), trägt das Dorf der Freundschaft als private Initiative Bemerkenswertes zu internationaler Verständigung, Zusammenarbeit und Versöhnung und damit zur Friedensstiftung bei.


“...Aufmerksamkeit auf Initiativen oder Personen lenken, die Widerstand gegen Gewalt praktizieren...”

z.B. Was ist das >Military Counseling Network (MCN)<?

Soldatinnen und Soldaten der US-Armee sind nach wie vor weltweit im Einsatz. Durch viele us-amerikanische Militäreinrichtungen in Deutschland ist unser Land eine Art europäischer Brückenkopf und Drehscheibe für Einsätze im Nahen und mittleren Osten. Nicht wenige US-Amerikaner/innen sind Soldat geworden, weil sie die Anreize und Angebote der Armee attraktiv fanden, ein finanzielles Auskommen, eine Ausbildung zu erlangen oder sozialen Aufstieg zu erhalten. Aber die militärische Wirklichkeit lässt gelegentlich Zweifel daran aufkommen, ob der vermittelte Auftrag, durch Gewalteinsatz Frieden “robust” zu “erzwingen” oder “abzusichern”, mit der subjektiven Wahrnehmung der Tatsachen übereinstimmt. Je mehr eine Soldatin oder ein Soldat die Abweichung spürt und fühlt, desto größer wird der Reflexions- und Kommunikationsbedarf - Über den eigenen Anspruch und das Gewissen, mit nahe stehenden Kameradinnen oder Kameraden oder auch mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Soweit letztere ins militärische System eingebunden sind, können ihre Ratschläge und Empfehlungen an Grenzen stoßen - insbesondere dann, wenn es zur Konsequenz kommt, das Militär verlassen zu wollen.

In dieser schwierigen Situation ist es wichtig, sich an unabhängige und zugleich erfahrene Beratungsstellen wenden zu können. Der Wahrnehmung des Menschenrechts der Gewissensfreiheit sind in den US-Streitkräften noch engere Grenzen gesetzt, als in anderen Armeen der Welt. Die Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen ist in USA nicht als Grundrecht, sondern in einem komplizierten Verfahren geregelt, das militärischem Einfluss stark unterliegt. Je nach Situation liegen die Straftatbestände Befehlsverweigerung und Desertion manchmal dicht im Umfeld des gewissensbedingten Handelns, um sich einem als Unrecht bewerteten Befehl persönlich zu widersetzen oder um offenen Widerstand gegen befohlene Gewaltanwendung zu praktizieren.

Das Military Counseling Network (MCN) ist in Deutschland auf Initiative des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees und der Initiative Connection e.V. im Jahr 2003 entstanden, um Soldatinnen und Soldaten in diesen Notlagen qualifiziert helfen zu können. Die Beraterinnen und Berater des MCN haben meist eigene Erfahrung und Kenntnis der US-Armee, so dass sie wissen, welche Schritte nötig und wichtig sind, um Freiraum gegenüber dem Militär zu gewinnen. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist dabei die (internationale) Solidarität und Öffentlichkeitsarbeit - nicht nur für die Betroffenen und deren Familienangehörige, sondern auch für die Vermittlung dieser friedensbewegten Widerständigkeit aus dem Zentrum militärischer Macht in die Öffentlichkeit. Damit werden in jedem Einzelfall Zeichen der Hoffnung gesetzt, dass Wege aus der Gewalt möglich und zu finden sind, die zu aktiver und lebensfreundlicher Gewaltfreiheit beitragen.

Weitere Informationen zur Preisverleihung: