Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

Ein Traum im Reisfeld

Das "Dorf der Freundschaft" in Vietnam/Von Rosemarie Höhn-Mizo


Außer der DFG-VK arbeiten in Baden-Württemberg noch viele andere Gruppen und Vereine für Frieden und Versöhnung. Die großen darunter sind bekannt und oft unsere Kooperationspartner; etwa beim Ostermarsch. Doch es existieren auch kleinere Projekte, die oft von großem Engagement getragen werden. Eines davon hat seinen Sitz in Bönnigheim-Hofen im Landkreis Ludwigsburg: das "Dorf der Freundschaft". Wir stellen es mit vor einem persönlichen Bericht von Rosemarie Höhn-Mizo, der Ehefrau von George Mizo, einem ehemaligen US-Soldaten in Vietnam.

Dass ein Krieg nicht vorbei ist, wenn er zu Ende ist, habe ich begriffen, als ich meinen Mann kennenlernte. George Mizo war als junger Soldat in Vietnam gewesen - "combat soldier" - als Sergeant bei einer schweren mobilen Artillerie-Einheit, verwundet ausgeflogen kurz vor der Tet-Offensive 1968. Zwei Tage später wurde seine ganze Einheit umgebracht.

Die Schrecken des Krieges mit all seinen furchtbaren Erfahrungen begleiten meinen Mann jede Nacht in seinen Alpträumen. Zusätzlich zu den Kriegsverwundungen stellten sich gesundheitliche Schäden als Spätfolgen des Entlaubungsgifteinsatzes mit "Agent Orange" ein.

Trotz alledem (und auch wegen all dem) wuchs der Wunsch, etwas beizutragen zur Versöhnung mit Vietnam, zur Heilung der Wunden auf allen Seiten.

Bei einer ersten Reise 1988 zurück ins Land des ehemaligen Feindes wurde sehr schnell deutlich, dass dieses Versöhnungs- und Hilfsangebot mit offenen Armen aufgenommen wurde. Die Idee für ein "Dorf der Freundschaft" entstand: eine Einrichtung in der Struktur der vietnamesischen Großfamilie zur medizinischen und therapeutischen Betreuung von körperlich und geistig behinderten Kindern und älteren Menschen, die unter den Spätfolgen des Krieges leiden. Für die Kinder sollte eine Schulbildung ermöglicht werden.

Es war ein weiter Weg von diesem Traum und dem Reisfeld, das uns die vietnamesische Regierung als Projektgelände zur Verfügung gestellt hat, bis zu dem, was das Dorf der Freundschaft heute ist.

Wir haben Verbündete gesucht in verschiedenen Ländern, haben Unterstützergruppen gegründet in den USA, in Frankreich, in Japan, in Großbritannien und (als eingetragener Verein) hier in Deutschland. Wir haben engagierte Menschen gefunden, die genauso wie wir überzeugt davon sind, dass es Zeit ist, einen Weg zur Versöhnung und internationalen Zusammenarbeit ehemaliger Feinde aufzuzeigen. Wir haben Menschen gefunden, die uns helfen, das Geld für dieses Projekt zusammenzubekommen, oft in mühsamer "Kleinarbeit":
mit Benefizveranstaltungen, Flohmärkten, Bastelaktionen, Konzerten etc.
Heute hat das Dorf der Freundschaft acht fertige Familienwohnhäuser, in denen insgesamt 101 Menschen wohnen und betreut werden. Die Basisgesundheitsstation des Dorfes sichert die medizinische Betreuung der Bewohner, versorgt aber auch die Notfälle der umliegenden Provinz Ha Tay. Zwei Fischteiche, Schweine, Kühe, Hühner und eine kleine Obstbaumanlage tragen zur Nahrungsmittelversorgung der Bewohner bei. Es gibt auch eine Pilzzucht und eine Biogasanlage. Ein von einer vietnamesischen Ärztin initiierter Garten mit traditionellen vietnamesischen Heilkräutern ergänzt die medizinische Behandlung. Soeben fertiggestellt ist ein größeres Gebäude mit einem großen Saal (der als Speiseraum, aber auch für Veranstaltungen dient) und mehreren Schul- und Behandlungsräumen.

Alle Mitarbeiter des Dorfes sind Vietnamesen, unsere Partnerorganisation in Vietnam ist die vietnamesische Veteranenvereinigung, eine Nichtregierungsorganisation, die mit großer Gewissenhaftigkeit und viel Flexibilität unsere gemeinsamen Planungen und nächsten Schritte in die Tat umsetzt.

Wir sind keine riesige Organisation, wir haben keine reichen Sponsoren, wir haben noch nicht einmal hauptamtliche Mitarbeiter und jeder, der mitarbeitet, bezahlt auch seine Flüge nach Vietnam selbst. Wir brauchen nach wie vor Hilfe für dieses Projekt: Geld, Menschen, die uns unterstützen, Menschen, die Lust haben, mitzuarbeiten.

Neulich, am Flohmarktstand fürs "Dorf der Freundschaft", wurde ich gefragt "Was wollt ihr denn dort unten?" Die Antwort ist einfach: wir wollen beweisen, dass jeder und jede einzelne etwas tun und verändern kann - vielleicht nicht die ganze Welt, aber das Wenige ist in Vietnam schon ganz viel. Jedes Kind und jeder ältere Mensch, der das "Dorf der Freundschaft" nach einiger Zeit ein wenig kräftiger und gesünder verlässt, damit ein weiteres Kind behandelt werden kann, ist ein Beweis dafür.